Erziehung ohne Konsequenzen

Zuletzt aktualisiert am 25. August 2022

Konsequenzen in der Erziehung sind heute nicht mehr ohne weiteres akzeptiert. Denn aufgrund der in den letzten Jahrzehnten veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wird vieles in Frage gestellt. In meiner Artikelserie Was bedeutet Erziehung gehe ich deshalb auf Spurensuche.

Konsequenzen, Strafen, Grenzen und Regeln werden immer wieder kritsch durchleuchtet. Im folgenden grenze ich die Begriffe voneinander ab und kläre, ob Konsequenzen in der Erziehung wichtig sind und wenn ja wofür.

Definition für die Erziehung

Konsequenz

Da Konsequenz oft mit Strafe gleichgesetzt wird, geht es erst einmal darum, heraus zu bekommen, was eine Konsequenz überhaupt ist. Der Duden benennt mehrere Bedeutungen. Hinsichtlich Erziehung ist folgende Bedeutung relevant:

Folge, Auswirkung

https://www.duden.de/rechtschreibung/Konsequenz

Folgendes Beispiel trifft das Thema Konsequenz in der Erziehung:

alle Konsequenzen [einer Tat] tragen müssen

https://www.duden.de/rechtschreibung/Konsequenz

Als Erwachsener sollten wir in der Lage sein, mögliche Konsequenzen unseres Handelns zu kennen.

Einfaches Beispiel:

Überfahren wir eine rote Ampel und beobachtet und/oder blitzt uns dabei die Polizei, erhalten wir Post vom Amt. Und wir müssen zahlen.

Die Konsequenz ist hier, dass die Behörde tätig wird.

Regel

Dem zugrunde liegt die Existenz einer Regel:

Das Überfahren einer Ampel ist nur bei Grün erlaubt.

aus bestimmten Gesetzmäßigkeiten abgeleitete, aus Erfahrungen und Erkenntnissen gewonnene, in Übereinkunft festgelegte, für einen jeweiligen Bereich als verbindlich geltende Richtlinie; [in bestimmter Form schriftlich fixierte] Norm, Vorschrift

https://www.duden.de/rechtschreibung/Regel

Es handelt sich um eine Verhaltensnorm, die in einem Gesetz festgeschrieben steht.

Strafe

etwas, womit jemand bestraft wird, was jemandem zur Vergeltung, zur Sühne für ein begangenes Unrecht, eine unüberlegte Tat (in Form des Zwangs, etwas Unangenehmes zu tun oder zu erdulden) auferlegt wird

https://www.duden.de/rechtschreibung/Strafe

Eine Strafe wird also jemandem auferlegt zur Sühne für begangenes Unrecht oder eine unüberlegte Tat.

Im Duden wird allerdings auch folgendes Beispiel aufgeführt:

eine körperliche Strafe (Züchtigung)

https://www.duden.de/rechtschreibung/Strafe

Eine körperliche Strafe bedeutet, sich dem eigenen Sohn oder der eigenen Tochter gegenüber gewalttätig zu verhalten. Damit würdest Du Häusliche Gewalt erzeugen. Häusliche Gewalt ist eine Straftat und kein Mittel zur Erziehung und somit nicht als Strafe geeignet.

Freiheitsstrafe

https://www.duden.de/rechtschreibung/Strafe

Geldbuße

https://www.duden.de/rechtschreibung/Strafe

Die Strafe für das Überfahren einer roten Ampel ist eine Geldbuße. Punkte in Flensburg kommen hinzu, da es im Straßenverkehr immer auch um die (Nicht)Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer gehen muss. Dies ist uns als Erwachsene bekannt.

Folgendes sei hier bereits gesagt:

Die Freiheitsstrafe, oft als Hausarrest in der Erziehung umgesetzt, ist keine adäquate Strafe für Kinder und Jugendliche. Also vermeide als Mutter oder Vater den Hausarrest. Denn Hausarrest ist meines Erachtens nichts anderes als ein Freiheitsentzug, der strafbar ist.

Regeln -> Konsequenzen -> Strafen

Regeln, Konsequenzen und Strafen sind also im Alltag für Erwachsene miteinander verbunden.

Will man also jemandem eine Strafe auferlegen, muss man vorher eine klare Regel formuliert haben. Transparent muss dann sein, welche Folgen oder Auswirkungen, also welche Konsequenzen es geben kann, wenn eine Regel nicht eingehalten wird. Teil einer Konsequenz kann eine Strafe sein.

Definition Grenze in der Erziehung

Die Definition des Begriffs Grenze stellt sich im Zusammenhang mit Erziehung als am schwierigsten dar. Der Duden liefert zwar verschiedene Bedeutungen, doch nicht im Zusammenhang mit Erziehung.

Dass es die Begriffe Grenze und Regel gibt, weist allerdings deutlich darauf hin, dass sie nicht das Gleiche meinen oder bedeuten.

Mit Grenzen setzen ist also nicht gemeint, Regeln aufzustellen. Während Regeln das Zusammenleben von mehreren Personen betrifft, beziehen sich Grenzen auf Dich selbst als Mutter oder Vater.

Es geht also um Deine Grenzen. Dazu ist selbstverständlich wichtig, dass Du selbst Deine eigenen Grenzen kennst und auch verdeutlichen möchtest und kannst.

Ein Beispiel:

Du bist von der Arbeit nach Hause gekommen und hast es Dir auf dem Sofa bequem gemacht. Du bist ziemlich angestrengt und brauchst eine Erholungspause.

Deine 9-jährige Tochter kommt von der Schule, kommt auf Dich zu und beginnt, Dir etwas aus der Schule zu erzählen.

Nun kommst Du mit Deinen Grenzen ins Spiel.

  • Bist Du aufnahmefähig?
  • Möchtest Du jetzt zuhören?
  • Interessiert Dich, was Deine Tochter aus der Schule mitbringt?
  • Bist Du überfordert?
  • Möchtest Du jetzt ausruhen?

Darfst Du Dir derartige Fragen stellen? Solltest Du Dir solche Fragen stellen?

Dies sind die ersten Fragen, die es zu beantworten gilt. Und es ist keine Frage von Erziehung, sondern mehr eine Frage Deiner Authentizät.

Bist Du zum Beispiel tatsächlich (noch) nicht aufnahmefähig, wärst Du nun gefordert, Deiner Tochter das zu verdeutlichen. Bei Deinen Grenzen geht es nicht nur um Leistungsfähigkeit, Leistungsbereitschaft, Leistungswille, sondern auch um Lust oder Unlust und mehr.

Konsequenzen jenseits von Regeln

Konsequenzen ergeben sich nicht nur aufgrund von Regelüberschreitungen. Aufgrund ihrer Erfahrungen wissen Erwachsene mehr als Kinder.

Es fängt damit an, dass man sich erkälten kann, wenn man sich zu dünn anzieht und hört damit auf, dass vieles im Erwachsenenalter schwieriger wird, wenn man nicht richtig rechnen oder schreiben kann.

Konsequenzen sind damit Teil unserer Realität und Kinder brauchen eine Heranführung an diese Realität; und zwar altersgemäß.

Strafen führen nicht immer zu einer Verhaltensveränderung. Das führen uns Führerscheininhaber vor, wenn sie am Ende die Konsequenz erfahren, dass sie ohne Führerschein sind.

Wie Konsequenzen in der Erziehung erfahrbar machen?

Es geht also in der Erziehung darum, Konsequenzen für Deinen Sohn oder Deine Tochter zu vermitteln.

Es braucht also zunächst Regeln, die altersgemäß aufgestellt werden. Doch welche Regeln können das sein?

Kann das eine Regel für Deinen 7-jährigen Sohn oder Deine 7-jährige Tochter sein?

Hausaufgaben werden direkt nach dem Mittagessen bearbeitet.

Vorrausetzung ist, dass Deine Tochter oder Dein Sohn Deine Unterstützung bei den Hausaufgaben wünscht. Denn dann seid ihr Mitglied in der Unterguppe ‘Hausaufgaben’ innerhalb eurer Familie. Diese Regel muss dann für euch beide gelten und von beiden eingehalten werden.

Andernfalls handelt es sich eher um eine Vorgabe Deinerseits und nicht um eine Regel. Wichtig ist auch, dass alle Mitglieder der Gruppe ‘Hausaufgaben’ dann in der Lage sind, aufgrund ihrer Entwicklung die Regeln einzuhalten.

Ein Verkehrsteilnehmer in der Gruppe ‘Straßenverkehr’ sollte aufgrund seiner bestandenen Führerscheinprüfung in der Lage sein, an einer roten Ampel zu halten. Deine Tochter oder Dein Sohn sollte den Sinn von Hausaufgaben verstanden haben und bereit sein, diese für sich nutzen zu wollen.

Eine solche Regel bedarf also auch der Beachtung möglicher Ausnahmen und der Formulierung von Konsequenzen. Da es bei der Einhaltung der Regel auch um Verläßlichkeit geht, kann eine mögliche Konsequenz Deinerseits sein, nicht mehr bei den Hausaufgaben zu untersützen.

Hausaufgaben und Nutzen

Ganz anders ist es, wenn Deine Tochter oder Dein Sohn die Hausaufgaben eher nicht bearbeitet. Dann ist eine vermeintliche Regel nichts weiter als eine Vorgabe.

Vielleicht kannst Du damit erreichen, dass Dein Sohn oder Deine Tochter sich an die Hausaufgaben setzt. Doch der Nutzen der Hausaufgaben ist dann in Frage gestellt.

Konsequenzen in eurer Erziehung?

Konsequenzen sind Teil des Erwachsenenlebens. Zum einen aufgrund allgemein gültiger Regeln. Zum anderen aufgrund lebenspraktischer Zusammenhänge. Insofern ist es ratsam, Deinem Sohn Schritt für Schritt mit Konsequenzen vertraut zu machen.

Regeln sind oft getarnte Vorgaben, die meistenes keinen erzieherischen Mehrwert bringen; also Deinem Sohn oder Tochter keine Lernerfahrung bieten. Regeln beziehen sich immer auf das Verhalten aller Gruppenmitglieder. Ansonsten sind Regeln einseitige Vorgaben.

Wie steht ihr als Vater oder Mutter zu Regeln im Familienalltag? Welche Regeln gibt es bei euch und sind die Konsequenzen transparent?

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