Häusliche Gewalt – Das war nur ein Ausrutscher

Zuletzt aktualisiert am 20. November 2022

Dass Häusliche Gewalt nur ein Ausrutscher war, ist eine der Ausreden, die Täter vorbringen, wenn sie sich gewalttätig verhalten haben. Die Annahme des einmaligen Ausrutschers mag nachvollziehbar sein, wenn man annimmt, dass Täter selbst aufgrund ihres gewalttätigen Verhaltens entsetzt und schockiert sind.

Doch wie ist es zu erklären, dass Täter auch nach wiederholten Übergriffen an dieser ‘Idee’ festhalten? Dieser Frage gehe ich im folgenden nach.

Ausrutscher im Duden

Der Duden nimmt 2 Bedeutungen an, die bei Häuslicher Gewalt von Bedeutung sein könnten, sodass Täter den Begriff verwenden:

Fauxpas

seine Bemerkung war ein peinlicher Ausrutscher

https://www.duden.de/rechtschreibung/Ausrutscher

In dem Beispiel geht es also um eine Bemerkung, die unangemessen erscheint. Bei häuslicher Gewalt geht es allerdings eben nicht um eine Bemerkung, sondern die körperliche Beeinträchtigung, also um Körperverletzung der eigenen Ehefrau oder Partnerin und/oder von Kindern.

Nicht zu erwartender, überraschender Misserfolg

ein guter Schüler kann sich auch mal einen Ausrutscher leisten

https://www.duden.de/rechtschreibung/Ausrutscher

Die 2. Bedeutung berücksichtigt, dass etwas unerwartet und überraschend vorkommt. Im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt kann allerdings nicht stehen gelassen werden, dass sie vorkommt oder passiert. Und Gewaltverhalten, auch gegen die eigene Ehefrau oder Partnerin ist eine Straftat, die sich ein Ehemann oder Partner letztendlich nicht leisten können sollte.

Vermeintlich ist es für Täter eine gute Sache, wenn ihre Opfer glauben, die Häusliche Gewalt, verursacht von Ihren Ehemännern oder Partnern, sei lediglich ein Ausrutscher gewesen.

Tatsächlich ist der Glaube an einen Ausrutscher in doppelter Hinsicht tragisch.

Opfer erkennen Häusliche Gewalt als Ausrutscher an

Die betroffenen Opfer werden durch ihren Ehemann oder Partner in ihren Grundfesten erschüttert. Der Glaube an einen Ausrutscher ist auf der einen Seite der Versuch, dem Täter entgegen zu kommen. Damit unterstellen sie dem Täter nicht, sein Übergriff könnte absichtlich erfolgt sein. Denn betroffene Opfer haben berechtigter Weise Angst, ihr Ehemann oder Partner könnte erneut zuschlagen.

Täter berauben sich Ihrer Handlungsmöglichkeiten

Für Täter schafft die Annahme vom Ausrutscher zunächst Erleichterung und die Beseitigung sehr unangenehmer Gefühle. Doch es wären genau diese unangenehmen Gefühle notwendig, um sich ihrem Gewaltverhalten zuzuwenden.

Während sie direkt nach der Tat Erleichterung erleben, sind sie bald extrem erschrocken und entsetzt, wenn sie ihre Ehefrau oder Partnerin geschlagen haben. Könnten sie mit diesen Gefühlen adäquat umgehen, würden sie auf deren Hintergrund sich dauerhaft mit ihrem Übergriff beschäftigen und merken, dass sie ratlos sind, und das eigene Handeln nachhaltig hinterfragen.

Ausrutscher und keine Verantwortung für Häusliche Gewalt

Doch mit der Annahme vom Ausrutscher entziehen sich Täter nach und nach die eigene Verantwortung. Diese landet meistens bei den Opfern. Diese übernehmen sie zumindest in Teilen. So bekommen sie Zugriff auf die aktuelle Situation. Also erhalten sie aus ihrer Sicht Kontrolle zurück.

Denn Täter üben nicht Macht aus, wenn sie zuschlagen. Sie deligieren vielmehr ihre eigene Ohnmacht an ihre Opfer. Das bedeutet, Täter erleben sich selbst nicht als machtvoll. Im Gegenteil. Sie sind selbst ohnmächtig.

Täter beseitigen immer wieder ihre Gefühle, die sich bei ihnen vor der Tat, mit der Tat und nach der Tat einstellen. Die Ausrede, ihr Übergriff sei ein Ausrutscher, ist eine der Strategien, die sie gelernt haben.

Häusliche Gewalt bleibt Ausrutscher und ist doch kein Ausrutscher

Täter drehen sich also im Kreis. Im sogenannten Gewaltkreislauf. Als Ausrutscher sollten weder Täter noch Opfer einen körperlichen Übergriff begreifen. Denn bei häuslicher Gewalt handelt es sich nicht um eine Bemerkung oder ein abstraktes Geschehen, auf das die Täter keinen Zugriff haben.

Häusliche Gewalt setzt Gewaltverhalten gegen die eigene Ehefrau, Partnerin und/oder die (eignen) Kinder voraus. Für dieses Gewaltverhalten entscheiden sich Täter als extremstes Mittel zur Beseitigung von Gefühlen, mit denen sie nicht anders umzugehen vermögen.

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