Wie Kinder richtig loben

Zuletzt aktualisiert am 25. August 2022

Wie Kinder richtig zu loben sind, ist eine Frage, die heute gestellt wird. Zumindest ist bei mir in letzter Zeit dieser Eindruck entstanden. Und ich kann sagen, dass mich dieser Umstand ziemlich befremdet. Ich kann mir nicht erklären, wie man ein Kind auch falsch loben kann.

Im 5. Artikel meiner Artikelserie zum Thema Was bedeutet Erziehung? gehe ich auf Spurensuche.

Loben – Was ist das eigentlich?

Auch bezüglich des Begriffs Loben ist eine Definition zunächst einmal sinnvoll.

jemanden, sein Tun, Verhalten o. Ä. mit anerkennenden Worten (als Ermunterung, Bestätigung o. Ä.) positiv beurteilen und damit seiner Zufriedenheit, Freude o. Ä. Ausdruck geben

https://www.duden.de/rechtschreibung/loben

Die Definition im Duden macht deutlich, dass der Tätigkeit Loben verschiedene Aspekte und Motivationen zugrunde liegen können. Einerseits kann sich das Loben auf eine Person beziehen. Andererseits können wir das Handeln einer Person loben. Und schließlich ist es möglich, das Verhalten einer anderen Person zu loben.

Ein Lob beinhaltet laut der Definition eine positive Beurteilung.

Wichtig ist bei einem Lob auch, dass wir mit einem Lob einem angenehmen Gefühl wie zum Beispiel Zufriedenheit oder Freude Ausdruck verleihen können.

Kinder zu loben ist Übungssache?

Ein Artikel beim Online Maganzin Fokus gibt erste Hinweise darauf, warum das Loben schwierig ist, oder besser formuliert, Eltern heute erschwert wird.

Denn der Artikel startet mit der Feststellung in seiner Überschrift, dass Loben Übungssache ist. Das würde bedeuten, dass Eltern nicht richtig loben können, sondern dies erst einmal üben müssen.

Der Ton ist beim Loben der Kinder wichtig?

Ein weiterer Artikel, der bei Elternwissen erschienen ist, titelt mit der Behauptung, dass der Ton beim Loben entscheidend ist.

Doch beim Lesen fällt schnell auf, dass es im Artikel nicht um den Ton, sondern die Wortwahl und anderes geht.

Loben macht kinder abhängig

Ein dritter Artikel, den die Seite Familienleben veröffentlicht hat, stellt die These auf, dass Loben Kinder abhängig macht.

Die Seite beruft sich dabei auf sogenannte Experten, die behaupten, zu viel Lob würde Kindern schaden. Diese Experten sind Professor Klaus Hurrelmann und der Autor Jesper Juul.

3 Formen des Lobens

Die gesamte Person

“Du bist ein super Fußballspieler!” Ein solches Lob ist laut Elternwissen.com fatal.

Im Tipp 2 bei Elternwissen heißt es, es sei wichtig, nicht Eigenschaften, sondern Leistungen zu loben. Im Tipp behauptet Elternwissen, dass es richtig sei, Kinder zu loben, wenn sie sich besonders angestrengt haben. Andernfalls könnten bei Kindern Selbstzweifel Nahrung bekommen.

Die gesamte Person zu loben wird hier nicht empfohlen.

Das Handeln von Kindern

Loben Sie am besten nur infolge konkreter Situationen und persönlicher Erfolge, für die sich Ihr Sprössling angestrengt hat. Das Lob sollten Sie dann auch ganz eindeutig kommunizieren.

https://praxistipps.focus.de/kinder-richtig-loben-so-gehts_112571

So sieht ein Rat bei Fokus zum Loben aus. Es wird empfohlen, eine spezielle Handlung, hier die Anstrengung eurer Kinder zu loben. Nur so würden eure Kinder die richtigen Maßstäbe für ihr Handeln lernen. Also auch hier wird von euch als Mütter und Väter gefordert, nicht die Person, sondern eine konkrete Handlung eurer Töchter und Söhne zu loben.

Andererseits wird auch mit diesem Rat der Leistungsgedanke betont.

Das Verhalten von Kindern

Im Artikel bei Familienleben wird der Autor jesper Juul mit folgenden Worten zitiert:

Lob ist eine Note, eine gute Note. Das heisst, unsere Beziehung ist jetzt nicht mehr gleichwertig, ich bin der Lehrer, und ich kann entscheiden, was der Schüler verdient hat, eine schlechte oder eine gute Note

https://www.familienleben.ch/kind/erziehung/selbstbewusste-kinder-ermutigen-statt-loben-3947

Der Artikel stellt mit dem Zitat von Jesper Juul eine These auf, die es zu beweisen gilt, oder anders gesagt, die fachlich untermauert werden müßte. Der Artikel leistet dies nicht. Dennoch fordert der Artikel, Kinder nicht zu loben, sondern zu ermutigen. Doch Loben und Ermutigen sind 2 völlig unterschiedliche Handlungen. Während sich ein Lob auf die Gegenwart bezieht, ist die Ermutigung auf die Zukunft ausgerichtet.

Weiter zitiert der Artikel Jesper Juul mit folgenden Worten:

Wenn man ein Kind will, das einfach nur funktioniert, ohne nachzudenken, ist Lob eine praktische Sache

https://www.familienleben.ch/kind/erziehung/selbstbewusste-kinder-ermutigen-statt-loben-3947

Jesper Juul unterstellt Eltern, die Loben, mit der zitierten Aussage also, dass sie lediglich funktionierende Kinder haben möchten. Oder etwas vorsichtiger formuliert verbindet er das Loben mit einer Manipulation oder mindestens mit einem Manipulationsversuch. Das ist übergriffig und selbst ziemlich manipulativ.

Loben von Kindern auf dem Hintergrund eigener Gefühle

Entgegen der Aussage von Jesper Juul geht es beim Loben im Kern nicht nur um einen Verdienst aufgrund einer Bewertung. Es geht vor allem auch darum, als Elternteil, also als Vater oder Mutter, Deiner Tochter oder Deinem Sohn ein eigenes Gefühl zum Ausdruck zu bringen.

Wie ich bereits mehrfach geschrieben habe, stellen sich Gefühle situationsbedingt ein. Wenn Du als Vater mit Deinem Sohn also Fußball spielst und Du begeistert darüber bist, wie gut er das macht, dann ist es vollkommen legitim, dies auszudrücken.

“Du bist ein guter Fußballspieler” ist eine in diesem Moment angemessene Aussage. Mit der These, dass Ermutigung die Selbständigkeit eurer Kinder stärkt, streut der Artikel gleichzeitig, dass Lob die Selbständigkeit eurer Kinder schwächt. Das ist keineswegs allgemeingültig, denn Dein Sohn kann sich auch einfach nur über Deine Beobachtung oder Deinen Eindruck, dass er ein guter Fußballer ist, freuen.

Sämtliche Tipps basieren auf der Spekulation, was Kinder aus Deinem Lob machen könnten. Es geht immer darum, Schaden abzuwenden.

So heißt es zu Anfang des Artikels bei Familienleben:

Wenn Kinder jedoch viel Lob erhalten, glauben sie, dass sie das tun müssen, was andere wollen. Sie schliessen daraus, dass dies der einzige Weg ist, ein Selbstwertgefühl zu entwickeln

https://www.familienleben.ch/kind/erziehung/selbstbewusste-kinder-ermutigen-statt-loben-3947

Hierbei handelt es sich wiederum um eine gewagte These. Da diese Behauptung allgemein formuliert ist, müßte man sie durch die Befragung sämtlicher Kinder belegen.

Viel Lob ist außerdem eine relative Formulierung. Lobt ihr als Elternteil viel, wenn ihr 1x pro Woche oder 1x am Tag lobt? Ist es schädlich, wenn Euch Euer Sohn oder Eure Tochter in einer Woche 6x Freude bereitet und ihr dies mit einem Lob zum Ausdruck bringt?

Kinder loben ohne Kalkül

Fachkräfte aus der Pädagogik bzw. Erziehungswissenschaft und anderen Disziplinen mögen gute Absichten haben, wenn sie jegliches Erziehungs- und Beziehungsverhalten von Eltern auf den Prüfstand stellen. Doch für Euch als Mütter und Väter besteht die Gefahr, dass ihr Eure Kinder nicht mehr aus Euch selbst heraus lobt.

Das Loben wird meines Erachtens durch ‘Fachleute’ und solche Artikel, aus denen ich hier zitiere, hochstilisiert. Auch kann nach meinen Beobachtungen dazu führen, dass ihr als Eltern zuviel nachdenkt, wenn ihr mit Euren Kindern umgeht. Die Folge kann sein, dass ihr weniger bei Euch seid und damit weniger Kontakt zu Euren Kindern herstellen könnt.

Lobt ihr Eure Kinder, wenn Euch danach ist? Oder denkt ihr bereits darüber nach, ob und wann es sinnvoll ist, Euren Sohn oder Eure Tochter zu loben?

2 Gedanken zu „Wie Kinder richtig loben“

  1. Danke für deinen Artikel. Es ist schon erstaunlich, wie verunsichert wir Eltern immer noch beim Thema Loben sind. Wie du bin ich der Meinung, dass Eltern eigentlich nur im gutem Kontakt mit sich sein müssen – und daraus kommt dann immer ein ehrliches, echtes Lob von Herzen. Und dann finde ich es schon fast egal, welche Wort-Sprachregel genommen wird.

    Dennoch meine ich, das grundsätzlich Ich-Botschaften genommen werden sollten. Das habe ich aus der gewaltfreien Kommunikation mitgenommen. Damit lässt du dem Kind die Möglichkeit, eine andere Meinung zu behalten, ohne dadurch “falsch” zu sein (was eher bei kleineren Kindern zum Tragen kommt, da sind wir als Eltern noch mehr in der Definitionsrolle von richtig und falsch).

    Also dein Beispiel “Du bist ein guter Fußballspieler” würde ich persönlich lieber umformulieren in “Ich finde, du bist ein guter Fussballspieler”.

    Ergänzend möchte ich noch einen Artikel empfehlen, der das Thema aus der Haltung der bindungs- und bedürfnisorientierten Erziehung beleuchtet und den ich für mich als Vater sehr entspannend empfand:
    https://www.online-familienberater.de/2023/02/16/kinder-loben-aber-richtig/

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    • Sehr gerne und danke für Deinen Kommentar.
      Die von Dir angesprochene Verunsicherung ergibt sich, weil Eltern sich zunehmend auf ihre Kinder
      ausrichten und sich dadurch von sich selbst entfernen. Leider nehmen viele Eltern an,
      ihre Kinder vor unangenehmen Gefühlen schützen zu müssen und erzeugen dadurch
      für sich selbst oft Überforderung.
      Eine Ich-Botschaft für ein von Herzen kommendes Lob ist selbstverständlich eine gute Sache,
      allerdings sollte sich daraus für Eltern kein Dogma ergeben.

      Vielen Dank für den Link zum ergänzenden Artikel.

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